Frau Helga Voit gratuliert:

Den 24. Februar 1999

Sehr geehrter Herr Wolf,

letzter Tag des Wintersemesters - ich räume Berge von Papier aus meinem Arbeitszimmer und entdecke darunter Ihre Anfrage bzgl. eines Grußwortes . . .

Oh - das tut mir wirklich leid! Aus gesundheitlichen Gründen ist in letzter Zeit vieles liegen geblieben und manches einfach "in der Versenkung verschwunden".

Nun hoffe ich, daß die anderen Angefragten reagiert haben und die Zeitschrift - so, wie sie es verdient - eine Reihe offizieller Grußworte zu Ihrem Jubiläum bekommen hat. Ich bitte, mein Versäumnis zu entschuldigen und nicht falsch zu interpretieren:

Denn ich halte 'selbstbewußt werden', für einen entscheidenden Schritt in der Emanzipationsbewegung der Gehörlosen hierzulande.

Ich habe - durch den Kontakt mit Gertrud Mally - die "Geburt von 'sbw'" sozusagen aus nächster Nähe erlebt. Ich habe auch die Reaktionen auf das Erscheinen des Heftes miterlebt:

Einerseits die Empörung (vor allem bei Hörenden, aber auch bei manchen Gehörlosen) : Wie kann man sich mit seinen Fehlern und Schwächen präsentieren !!!

Andererseits das Nachdenklich-werden: Ist es nicht wichtig, ein realistisches Bild von Gehörlosigkeit zu vermitteln?

Aber vor allem die wachsende Bereitschaft vieler Gehörloser, sich "ungeschminkt" an die Öffentlichkeit zu wagen (d. h. ohne die Retouchier-Arbeit von Hörenden), das Wort zu ergreifen, die eigenen Probleme und Anliegen zur Sprache zu bringen, sich zu behaupten.

Ein neues Selbstverständnis ist dadurch befördert worden. Neue Erfahrungen sind gesammelt worden (in der Redaktionsarbeit z. B.). Wichtige Aufklärungsarbeit ist geleistet worden. Und manche gehörlose Menschen haben eine stolze, aufrechte Haltung dadurch bekommen.

Eine kleine Zeitschrift mit großer Wirkung !

Sie entwickelt sich ständig weiter.

Meine guten Wünsche begleiten sie !

Mit herzlichem Glückwunsch,

Dr. Helga Voit (h), München

Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl der GL- und SH-Pädagogik